Ein beeindruckendes Zeugnis seines künstlerischen Schaffens legte er mit der Ausstellung „Invasiv“ ( 2012 ) im Pumpwerk / Kunstverein Rhein-Sieg, Siegburg ab. Mehrere Kubikmeter eines Materials wurden herbeigeschafft, das gemeinhin nicht zum präferierten Werkstoff eines arrivierten Künstlers zählen dürfte: Möbel und Möbelteile vom Sperrmüll, ausrangiert vom alltäglichen Gebrauchszusammenhang, dessen Spuren sichtbar abzulesen waren. Oft markiert mit den individuellen Hinterlassenschaften der Benutzer, die auf diese Weise eine eigenartig nebulöse Präsenz erhielten in einer Installation, die sich geradezu monumental über die drei übereinanderliegenden Geschosse des Gebäudes und seitliche Raumeinheiten ausdehnte.
Benoit Tremsal, der schon damals ein beachtliches Lebenswerk aufwies, das nahezu sämtliche Bereiche der Bildenden Kunst einnahm – bis zu aufwendigen „Land-Art“ – Projekten im In – und Ausland, brachte es zuwege, mit „Invasiv“ ein klares Statement darüber abzugeben, was künstlerische Arbeit im Eigentlichen werthaltig macht: nicht etwa die Preziosität des Werkstoffes oder öffentlichkeitswirksam inszenierte Skandale trieben ihn um; vielmehr zeichnete sein Schaffen aus, grundlegende Kontexte, die prinzipiell alle Menschen ansprechen, erlebbar zu gestalten.
Und hinter „Invasiv“ verbarg sich ein Bündel von kategorial zu nennenden Dimensionen des menschlichen Daseins, wie man in der von ihm selbst gefertigten dazugehörigen Dokumentation nacherleben kann. Polaritäten wie Aufstieg und Katastrophe sind hier ein Beispiel, was unbedingt als Elementarprinzip menschlicher Existenz zu begreifen ist. Wobei Manchem letzterer Begriff in einer vom immerwährenden Fortschrittsgedanken geprägten Kultur nicht ganz wohl sein dürfte – Tremsal hatte keine Scheu, etablierte Gewissheiten in Frage zu stellen.
„Invasiv“ ist ein Terminus, welcher auf den metaphorischen Charakter der Installation verweist. Denn die von ihm zusammengeschraubten Platten fügten sich gewissermaßen zu einem Organismus, dem eine eigene Dynamik zur Ausbreitung innewohnte. Von den unteren Ebenen ausgehend, eroberte sich das Plattengewächs die Mitte, stieß dort an die Decke, wo in der Fortsetzung im Erdgeschoss lediglich ein klägliches Höckerchen von der Größe zweier Schuhkartons in Erscheinung trat, was unbedarfte, aber dennoch geübte Kunstbetrachter zunächst heftig irritierte, bevor sie mit der Konzeptidee des Künstlers bekannt gemacht wurden – dann herrschte meist aufgewühltes Schweigen. Denn „invasiv“ ist auch eine beunruhigende Definition aus dem medizinischen Kontext, die durchaus beabsichtigt war.
In der Zeit nach dem Projekt „Invasiv“ war Tremsal mehrere Jahre lang im Vorstand des Kunstvereins Rhein-Sieg engagiert. Er akquirierte und betreute eine Vielzahl sehenswerter Ausstellungen, an die wir gerne zurückdenken.
Am 8. April starb Benoit Tremsal im Kreise seiner Familie.