‚Reculer pour mieux sauter‘.
Mobile Objekte.
Ausstellung vom
9. August bis 12. September 2008
Die Inszenierung der Dinge bei Andreas Fischer.
Wie funktioniert es, möglichst unmittelbar die Aufmerksamkeit auf ein Kunstwerk und seine Bedeutung zu lenken? Für Andreas Fischer (geb.1972 in München) liegt der Schlüssel, dem auf die Spur zu kommen, in der Wahl seiner Materialien. Er verwendet Alltagsgegenstände für seine oftmals lapidar puristisch wirkenden Montagen, die er gesteuert mittels einfacher Elektronik aus dem Baumarkt in Bewegung setzt, leise rauschen, lärmen oder sprechen lässt. Der „Künstlertüftler“ Andreas Fischer erweckt den homo ludens im Betrachter und in sich. Seine Arbeiten widmen sich vordergründig freundlichen Themen: Da gibt es Angeln oder Fahnen, die sich vergeblich bemühen eine 8 zu schwenken, Miniaturzelte, die beim sich Annähern unvermittelt den Einblick verweigern und Hochsitze, die bedrohlich zu vibrieren beginnen. Allesamt sind es Chiffren , die die Kindheit und deren Orte des Spielens und Experimentierens und ebenso die unwiederbringliche Freiheit dieser Tage ins Bewusstsein rufen. Andreas Fischer erweist sich als sehr genauer Beobachter seiner Umwelt. Details interessieren ihn gleichermaßen wie das große Ganze. Er erkennt das Potenzial der Dinge und nutzt es für seine eigenen Geschichten. So liegt es nicht ausschließlich an der Stimme, die unermüdlich rezitiert: „Der Rabe raucht, er raucht die ganze Nacht, der Rabe raucht , er raucht und raucht und raucht, er raucht die ganze Nacht…. “, dass der Betrachter mit einer auf einen Besen montierten Chipsrolle, einen Raben assoziieren kann. Es ist ebenso die Art und Weise, wie sich dieses „Rabenrohr“, so der Titel der Arbeit, von rechts nach links auf seinem vermeintlichen „Zaunpfahl“ bewegt und derart sein natürliches Vorbild verblüffend imitiert. Ein weiteres wesentliches Moment seiner Arbeit lässt sich exemplarisch an dem „guten, alten L-Thema“ aufzeigen. Aus einem Häuschen, das eine krude Mischung aus zu groß geratener Wetterstation und zu kurz geratenem Wachturm darstellt, dringt die Botschaft eines unbekannten Mönchs an Franz Bernhard: Die Besuchszeit ist zu Ende, das Kloster ist geschlossen und gerade während unserer Andachtsvorbereitung.“ Wie zur Bekräftigung klappen die Lamellen der Fensterläden aus denen das Objekt gebaut wurde, beständig krachend auf und zu. Gleichzeitig setzt sich eine Leuchtschrift in gang und verkündet.“ Sprechfehler, Gedankenfehler, Körperfunktionsfehler“. Andreas Fischer räsoniert hier über die Phänomene des Künstlerdasein und des Kunstmachen und die damit verbundenen unterschiedlichen Erwartungen von allen Seiten. Er macht deutlich wie eng Sehnsucht-Erfolg und Defizit-Scheitern bei einander liegen können. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Berufsgattung veranlasst Fischer Referenzen an die Arbeit von Künstlerkollegen zu machen und deren Praxis gegebenenfalls zu persiflieren. Bei Andreas Fischer gibt es keine „HighTech- Geschichten“, seine Leuchtschrift beispielsweise ist einfaches gelochtes NoppenPVC, durchleuchtet und lesbar gemacht von dahinter verlaufenden Neonröhren. Martin Kippenbergers und Georg Herolds Kampf gegen die Humorlosigkeit gerade in der gesellschaftskritischen Kunst kommen einem in den Sinn ebenso wie Fischli und Weiss Diskurs des Gewöhnlichen.
Vera Gliem, Köln, März 2008